Mittlerweile, zwei Monate nach der Ankündigung Donald Trumps, Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe zu verhängen, werden die ersten Folgen für die Weltwirtschaft sichtbar. Der Aufwärtstrend der Aktienmärkte in Europa, der USA und China endetet im Februar abrupt. Konjunkturindikatoren wie der ifo-Geschäftsklima-Index verschlechterten sich seit langem zum ersten Mal.
Die Entwicklung ist Ausdruck der großen Unsicherheit der wirtschaftlichen Akteure von der EZB bis hin zum Unternehmenslenker. Eskaliert der Zollstreit weiter? Gibt es eine Spirale gegenseitiger Strafzölle? Gibt es einen politischen Willen, die mitunter berechtigten Forderungen nach fairem Handel zu erfüllen? Die Ereignisse der letzten Tage machen wenig Hoffnung. Die Besuche von Macron und Merkel in Washington verliefen weitestgehend ergebnislos. Erst im letzten Moment verlängerte Trump die Ausnahmeregelungen für die EU, Mexiko und Kanada, allerdings nur um einen Monat.
Im Wahlkampf zu den anstehenden US-Parlamentswahlen im November, droht das Thema zu einem politischen Spielball zu werden. Regelmäßige Eskalationen zur Stimmungsmache mit folgenden Rückziehern und kurzfristigen Verlängerungen der Ausnahmeregelungen könnten uns noch bis in den Herbst begleiten. So erreicht Trump einerseits Aufmerksamkeit, verhindert aber etwaige Gegenzölle der EU, die Kandidaten seiner Partei als belastend wahrnehmen. Für die weitere Börsen-Entwicklung sind das keine guten Aussichten. Eine Hängepartie bis in den Herbst würde den jährlichen Frühjahrsaufschwung genauso bremsen wie eine Jahresendrally, denn nichts hassen Börsianer und Unternehmer mehr als politische Unsicherheit.
Offensichtlich ist, dass besonders Unternehmen durch den Zollstreit belastet werden, die in die USA exportieren. Dazu zählen natürlich zuerst die europäischen Stahlproduzenten wie ThyssenKrupp oder Klöckner. Ihre Lieferungen in die USA werden kaum zurückgehen. Denn sie exportieren überwiegend Aluminium und Stahl in Speziallegierungen, die in den USA dringend benötigt werden. Dafür belasten die frei werden Kapazitäten in China und damit steigende Importe von Billigstahl den Absatz in Europa mit normalen Stahl.
Auch die deutsche und europäische Automobilindustrie kann von Strafzöllen hart getroffen werden. Zur Fairness dazu gehört, jedoch zu sagen, dass Automobilimporte nach Europa aktuell mit einem Einfuhrzoll von zehn Prozent belegt sind, während die USA nur 2,5 Prozent verlangt.
Ebenfalls zu den Verlierern zählen die auf den weltweiten Transport spezialisierte Logistikunternehmen und Reedereien. Nachdem China seinerseits im April Gegenzölle auf US-Agrar-Importe verhängte, mussten bereits mehrere Schiffe samt Ladung in Drittländer umgeleitet werden. Ein Rückgang der Exporte führt automatisch zu einem Rückgang der See-Transporte und damit der im vergangenen Jahr gerade wieder leicht angestiegenen Frachtraten. Keine guten Aussichten für Investoren in Schiffsbeteiligungen.
Nichtsdestotrotz gibt es nicht nur Verlierer im Handelsstreit. Es profitieren die europäischen Unternehmen, deren Produktangebote in Europa einen deutlichen Preis- und Imagegewinn durch mögliche Zölle und den öffentlichen Zoll-Streit erzielen. Wer kauft schon gerne teure amerikanische Produkte mit dem von Trump verpassten „Amerika-First“-Branding? Gewinner sind zuallererst Unternehmen, die Konsumgüter in Europa herstellen und vermarkten. Egal ob Nahrungsmittel (Afri-Cola statt Coca-Cola) oder Luxusgüter (schottischer Wiskey statt Bourbon), ein klug genutzter Imagevorteil kann steigende Absätze bringen. Auch Unternehmen der IT-Branche könnten profitieren. Wenn Sie es schaffen, mit innovativen europäischen Lösungen die starke Dominanz amerikanischer Unternehmen.
Ein Beispiel für die Folgen der sehr unterschiedlichen Zukunftsaussichten ist die Entwicklung der Aktienkurse von ThyssenKrupp und LVMH. Während der Kurs der LVMH-Aktie seit Jahresbeginn um mehr als 17 Prozent stieg, fiel ThyssenKrupp um knapp zehn Prozent.
Für Anleger bedeutet die aktuelle Lage, noch genauer hinzuschauen. Potentielle Risiken durch politische Entscheidungen sollten bei der Auswahl von Anlagen berücksichtigt werden. Trotzdem bleiben Aktien auch im zweiten Halbjahr 2018 wesentlicher Teil der Vermögensanlage und ein potentieller Renditetreiber.