Eine Außenvision von Max Otte, Professor für Quantitative und Qualitative Unternehmensanalyse- und Diagnose an der Karl-Franzens-Universität Graz und Berater des Max Otte Vermögensbildungsfonds. In der jetzigen Situation rät er zu Sachwerten.
Sieben Jahre nach den ersten Anzeichen der Finanzkrise und fast sechs Jahre nach ihrem Höhepunkt scheinen sowohl Finanz- als auch die sogenannte „Eurokrise“ langsam in den Hintergrund zu treten. Sogar Griechenland „durfte“ wieder an den Kapitalmarkt. Wobei gerade die griechische Anleiheemission ein Beispiel dafür ist, wie krank und verfehlt die meisten sogenannten „Rettungsmaßnahmen“ waren. Griechenland hatte sich mit Betrug und Täuschung in den Euroraum hineingemogelt – im Übrigen durch kräftige Mithilfe von Goldman Sachs.
Man hätte ja eine geordnete Staatsinsolvenz durchführen können, wie es Angela Merkel Anfang 2010 gefordert hat. Dann hätten viele Schulden abgeschrieben werden müssen. Einige griechische Banken hätten mit Staats- oder EU-Mitteln rekapitalisiert werden müssen, sodass die EU oder der griechische Staat Miteigentümer geworden wäre. Das wäre genau die richtige marktwirtschaftliche Lösung gewesen. Denn: Wer Geld in eine marode Firma steckt, dem gehört die Firma.
Stattdessen wurden Griechenland auf Kosten der europäischen und griechischen Bürgerinnen und Bürger hohe Kredite gewährt, damit das Vermögen der herrschenden Oligarchie in Griechenland geschont wurde – und das der Finanzinstitutionen, die sich – wie überall – vor allem in Hand der Reichen befinden. Mit der nun erfolgten Anleiheemission dürften Goldman Sachs & Co. wieder verdienen.
Zur Rettung des maroden Weltfinanzsystems greifen die Staaten immer wieder auf ihre wichtigsten Schmerzmittel zurück: stattlich garantierte Kredite (für welchen Übeltäter gegen die marktwirtschaftliche Ordnung auch immer) und niedrige Zinsen.
Damit kommt die Rettungspolitik vor allem folgenden Gruppen zugute:
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- Staaten oder Banken, die unsolide gewirtschaftet haben und sich nun retten lassen
- Staaten, die sich billig verschulden können
- Politischen Eliten, die sich als Retter profilieren und die Demokratie einschränken
- Family Offices und Superreiche, die die billigen Zinsen nutzen können, um Realvermögen zu erwerben, und
- Private-Equity-Gesellschaften
[/unordered_list]
Auf der Verliererseite stehen
[unordered_list style=“bullet“]
- Sparer, die durch die Finanzrepression geschädigt werden
- Regionalbanken im klassischen Kreditgeschäft, das aufgrund von Basel II stark gehemmt wird
- Kleinere Mittelständler, bei denen die niedrigen Zinsen nicht ankommen.
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Weder die Finanz- noch die Eurokrise sind gelöst. Es kann gut sein, dass wir auf eine noch größere Krise zusteuern. Auch in den 70er Jahren zog sich die Krise mehr als ein Jahrzehnt hin, von den ersten Anzeichen Ende der 60er Jahre, bis zu den Ölschocks und der tiefen Rezession in den USA 1982 und 1983.
Wenn wir herauskommen, wird es ein langsamer Prozess sein, der auf eine Kombination von Steuern und Sparmaßnahmen, Inflation, Wachstum und teilweise Schuldenreorganisation setzt. Leider haben die letzten Wochen gezeigt, dass auch ein uraltes Rezept zur Beendigung von Schuldenkrisen immer noch aktuell ist: Krieg.
Der von den USA und dem Westen betriebene Putsch in der Ukraine birgt die Gefahr einer Einkreisung Russlands. Die von den USA geforderten Wirtschaftssanktionen treffen vor allem Deutschland, Österreich und Russland. Das ist den Geostrategen in den USA leider anscheinend sehr recht.
In dieser Situation empfehle ich vor allem Sachwerte zur Vermögenssicherung: Aktien, Immobilien und Edelmetalle.
Bildquelle: Bayerische Vermögen AG
2 Kommentare
@Christopher Lamp – Ich bin auch gleicher Meinung. Es bleibt spannend.
Es bleibt natürlich fraglich, ob die staatlich garantieren Kredite funktionieren bzw. gedeckt sind. Schliesslich geht es einigen Ländern wie Spanien und Griechenland nicht gut. Da ist es auch unwahrscheinlich, dass die Darlehen mal zurückgezahlt werden. Und bei diesen Summen von Krediten stellt dies ein grosses Problem dar.